Drohnen-Testzentrum in Braunschweig bringt Drohnenforschung auf ein neues Level

Projektstart
01 Juni 2022
Projekt läuft bis
30 Juni 2024
Flybots Prüfstand

Eine weltweit einzigartige Infrastruktur zur Entwicklung von Drohnen wird derzeit am Forschungsflughafen Braunschweig-Wolfsburg aufgebaut. Im Rahmen des Forschungsprojekts “Flybots” entsteht dort ein aerodynamisches Labor mit Windkanal, ein Drohnenkäfig für sichere Flugversuche im Freifeld und eine mobile Infrastruktur zur Drohnendetektion. Ins Leben gerufen wurde das visionäre Projekt von der Technischen Universität Braunschweig gemeinsam mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR).

Ein moderner und offener Windkanal am Institut für Flugantriebe und Strömungsmaschinen (IFAS) bildet die erste Hauptkomponente des neuen Drohnen-Testzentrums. Im Fokus steht dabei die Optimierung von Antriebssträngen sowie die elektromagnetische Verträglichkeit (EMV) von Drohnen und deren Störwechselwirkungen. Der Antriebsstrang kann dabei, je nach Versuchsanforderung, modifiziert betrachtet werden. Dadurch ist es möglich, Tests unter Volllast-Bedingungen für Elemente wie Propeller, Motorwelle, E-Motor oder Frequenzumrichter einzeln oder im Arbeitsverbund durchzuführen. Diese Betrachtungsmöglichkeit ist insbesondere dann hilfreich, wenn analysiert werden muss, wie sich Störungen auf das Antriebsverhalten auswirken.

Das spezielle Alleinstellungsmerkmal des Windkanals stellt die Möglichkeit dar, das aerodynamische Verhalten zu untersuchen und gleichzeitig die EMV-Eigenschaften zu vermessen. So ist es beispielsweise möglich, elektromagnetische Einflüsse auf die Navigations- und Steuerungssysteme von vollständigen Drohnensystemen während des Betriebes zu wissenschaftliche zu Untersuchen.

Der Aufbau des Windkanals erlaubt Anströmungsgeschwindigkeiten von bis zu 35 m/s bei einem Messstreckenvolumen von ca. 8 m³. Die Messtechnik und Störgeneratoren befinden sich außerhalb des Luftstroms und innerhalb des EMV-Käfigs, welcher über ein Volumen von ungefähr 100 m³ verfügt. Dieser Käfig ist in zwei Ausführungen verfügbar: In der ersten Ausführung wird die Kabine als Absorberkammer aufgebaut. Dabei werden Reflexionen genutzt, um lokale Feldstärkeüberhöhungen durch Interferenzen zu erzeugen. Bei der zweiten Konfiguration können metallische Randbedingungen mithilfe eines sogenannten Mode-Stirrers verändert werden, um spezielle Schwingungsmoden aufzubauen.

Die Umsetzung des Versuchsstandes läuft auf Hochtouren: Sobald der Entwurf und eine darauffolgende Strömungsanalyse fertiggestellt sind, wird mit der Durchführung der ersten Qualifizierungsmessungen Ende 2023 gerechnet.

Das zweite Segment des Flybots-Projekts widmet sich der sicheren Durchführung von Flugversuchen unter kontrollierten Freifeld-Bedingungen. Am Braunschweiger Standort des DLR wird ein Drohnenkäfig errichtet, um neue Flugführungstechnologien erproben zu können. Unter anderem ist es dort möglich, Multicopter und unbemannte Starrflügler bis zu einem Gewicht von 25 kg zu betreiben. Dadurch sind Validierungen verschiedener Modifikationen in kurzer Zeit möglich. Das Testareal ist von einem speziellen Sicherheitsnetz umgeben, verfügt über eine Fläche von 45 m x 65 m und ist 20 m hoch. Diese Abmessungen erlauben die Nachbildung urbaner Bebauungen und damit einhergehend eine Simulation dieser Einsatzumgebung, was unter klassischen Bedingungen schnell mit hohem, bürokratischem Aufwand und teuren Genehmigungen verbunden ist.

Die dritte Komponente des Forschungsprojekts “Flybots” setzt sich mit der Entwicklung einer mobilen Infrastruktur zur Drohnendetektion auseinander und ist kompatibel mit dem zuvor genannten, abbaubaren Drohnenkäfig. Das Ziel ist es, mithilfe von aktuellen Methoden und Geräten, Drohnen unterschiedlicher Größe und Konfiguration detektieren, identifizieren oder tracken zu können. Dafür wird eine Basisstation auf einem Fahrzeug, wie beispielsweise einem Pickup, montiert. Mithilfe eines radarbasierten Detektors können sogar eine hohe Anzahl von Drohnen– sogenannte Drohnenschwärme - erfasst werden. Langfristig sollen so die Aktivitäten der gesamten Kette zur Drohnenabwehr von unbemannten Luftfahrzeugen demonstriert und erforscht werden.

 

 

Quellen

https://www.tu-braunschweig.de/fileadmin/Redaktionsgruppen/Institute_Fakultaet_4/IFAS/Bilder_Projekte/Flybots_Plakat.pdf

https://magazin.tu-braunschweig.de/pi-post/erster-schritt-zum-drohnen-test-zentrum/?mtm_campaign=week

https://www.flybots.info/de/magazin/land-niedersachsen-foerdert-flybots-braunschweig-mit-rund-24-millionen-euro

Author
Philip Frantzheld