Meteorologische Messungen mit unbemannten Flugsystemen

Weltweit werden täglich über 1500 Wetterballone gestartet, um für die Wettervorhersage Eingangsdaten zu sammeln. Da diese Wetterballons nicht gesteuert werden können und damit nur selten geborgen werden können, verbleiben ihre Überreste häufig in der Umwelt.

Im Projekt AEROMET_UAV entwickelt, baut und testet die TU Braunschweig in Zusammenarbeit mit den Projektpartnern Deutscher Wetterdienst (DWD), Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) sowie mit der Firma Exabotix ein unbemanntes Flugsystem, das in der Lage sein soll, Wetterballons zu ergänzen bzw. bestenfalls sogar zu ersetzen.

Dabei soll das System nicht nur unter für mitteleuropäische, sondern auch für antarktische Bedingungengeeignet sein. Die tiefen Temperaturen und hohen Windgeschwindigkeiten in der Antarktis stellen spezielle Anforderungen an das Flugsystem. Außerdem ist mit Vereisung zu rechnen.

Das im Projekt entwickelte Flugsystem hat im Rahmen einer Messkampagne über der Ostsee seine Zielhöhe von 10 km erreicht und dabei währen Auf- sowie Abstieg die atmosphärischen Parameter Druck, Temperatur, Feuchte und Wind gemessen.

 

Vereisung in fluggestützter Meteorologie

Unbemannte Flugsysteme werden an der TU Braunschweig zwar schon seit geraumer Zeit weltweit eingesetzt (Europa, Antarktis, Benin, Spitzbergen), jedoch wurden die Messungen bei auftretender Vereisung bisher aus Sicherheitsgründen abgebrochen.

Die meist als Einzelstücke entwickelten Fluggeräte mit speziell entwickelter Sensorik zur Erfassung meteorologischer Parameter können empfindlich auf Vereisung reagieren, so dass der Warnung vor Vereisung sowie der Detektion einer Vereisungssituation eine Schlüsselrolle für den robusten Einsatz unter schwierigen Bedingungen zukommt.

Insbesondere bei Messungen in kalten Gebieten oder bei Flügen in größeren Höhen fliegen die eingesetzten UAS (Unmanned Aerial System) unter Bedingungen, unter denen Vereisung auftreten kann. Der damit einhergehende Leistungsverlust in Kombination mit der Gewichtszunahme und einer möglichen Schwerpunktveränderung oder gar die Blockierung von Steuerflächen würden zum Verlust eines Messsystems führen. Die rechtzeitige Warnung vor Vereisung ist daher immens wichtig.

 

Herausforderungen für Eisdetektionssysteme

Die Entwicklung von Eisdetektionssystemen in Echtzeit für autonome Flugsysteme, insbesondere für meteorologische Messungen bis 10 km Flughöhe, ist mit großen technischen Herausforderungen verbunden. Solche Flugsysteme fliegen unter extremen Umgebungsbedingungen für längere Zeit außerhalb der Sichtweite.

Trotz guter Wetterbedingungen können Tragflächen und Instrumentierung des Flugsystems bereits nach wenigen Flugminuten vereisen. Selbst kleine Eismengen können die aerodynamische Leistung des Flugsystems sowie die Güte der atmosphärischen Messungen beeinträchtigen.

Um die aufwendigen und kostenintensiven Missionen nicht zu gefährden, ist ein kompaktes und energieeffizientes Eisdetektionssystem notwendig, welches das UAV vor einem Kontrollverlust und falschen Messdaten warnt. Eine der größten Herausforderung ist es, dass das Detektionssystem nicht viel Platz und Leistung benötigen darf. Außerdem soll der Vereisungszustand am UAV in Echtzeit dargestellt werden und in den wissenschaftlichen Daten erfasst werden.

 

Entwicklung einer maßgeschneiderten Lösung

Coldsense konzipierte und entwickelte einen maßgeschneiderten Eisdetektor, der den UAV-Betreiber in Echtzeit über die aktuellen Vereisungsbedingungen informiert. Der Eisdetektor nutzt verschiedene Messverfahren zur Erkennung von Rau-, Misch- und Klareis.

Unter anderem baut der Sensor ein eng begrenztes elektromagnetisches Feld auf, das sich schon bei minimaler Eisbildung am Sensorkopf verändert. Diese Veränderung wird präzise erfasst. Die verschiedenen Messverfahren wurden in einem robusten und kompakten Sensorkopf zusammengebracht (ca. 100x50 mm²).

Der Sensorkopf wurde an der Flügelvorderkante des Flugsystems integriert, damit der Einfluss auf die aerodynamische Performance gering bleibt (siehe Abbildung TUBS-ReadyToFly). Der sehr geringe Stromverbrauch (max. 70mA) und das geringe Gewicht (ca. 100g) garantieren gleichbleibende Flugleistungen vor und nach dem Einbau des Sensors.

Die Funktionsfähigkeit des Eisdetektors im vollen Spektrum realer Vereisungsbedingungen wurde im Braunschweiger Vereisungswindkanal getestet und wissenschaftlich nachgewiesen (siehe Video). Die Reaktionszeit des Sensors von wenigen Millisekunden kann der Eisaufbau sofort und zuverlässig registriert werden. Somit können Messdaten korrekt ausgewertet werden.

 

Die Zusammenarbeit

Astrid Lampert und Konrad Bärfuss von der TU Braunschweig freuen sich über die gelungene Zusammenarbeit: „Die unkomplizierten Absprachen mit dem Team von Coldsense haben eine rasche Integration dieser maßgeschneiderten Lösung ermöglicht. Dass Vereisung ein Risiko für das Projekt ist, war von Anfang an klar – nicht aber, dass eine Ausgründung des Nachbarinstituts eine mögliche Lösung zur Minimierung von diesem Risiko anbieten kann. Leider kam der Sensor bisher erst bei drei kurzen Flügen zum Einsatz. Wir sind zuversichtlich, dass wir in kommenden Forschungsphasen dem Sensor noch auf den Zahn fühlen können.“

Auch das Team von Coldsense ist vom Forschungsprojekt und Team sehr begeistert. „Astrid Lampert und Konrad Bärfuss forschen auf dem sehr interessanten und komplexen Gebiet der Physik der Atmosphäre. Wir freuen uns sehr, dass wir einen Beitrag für das Projekt geleistet haben. Die Zusammenarbeit hat uns viel Freue bereitet, und wir wünschen weiterhin viel Erfolg mit den bestehenden und zukünftigen Forschungsprojekten.“ berichtet David Burzynski.

Author
Niedersachsen Aviation